ICH – Jahresthema 2015*

Porträt, Selbstbildnis, Selbstspiegelung, Selbstverletzung (Bildtafeln, Installationen, Performances) werden unzertrennlich verbunden mit »Ich«. Ist das wirklich so, oder gibt es noch andere Sichtweisen? Viele Ausstellungen haben sich des Themas angenommen. Ist »Ich« wirklich ein ausreichend behandeltes Thema in der Kunst? Oder gibt es noch Potenzial, zeitgenössische Aspekte zu untersuchen und zu verhandeln?

Wir beobachten die mediale Vielfalt des Ich, des unentwegt gespaltenen Ich, und die damit einhergehende Auflösung des Ich, des Individuum.
Was ist das Ich? Wir haben, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, einige Gedanken hierzu gesammelt:
Ich, nicht Wir: Eine Zeit der Entsolidarisierung, der Abgrenzung ist zu beobachten. Gleichzeitig gibt es das politische Ich festzustellen, eine Welle der Solidarisierung. Gerade diese Widersprüchlichkeit regt dazu an, sich mit der Thematik künstlerisch auseinanderzusetzen.

Hierzu ist eine Reihe von ca. 8 Ausstellungen geplant, die verschiedene politische, soziologische, philosophische Aspekte des Themas untersuchen und künstlerisch Stellung dazu beziehen. Die Ausstellungen werden ergänzt durch verschiedene Formen der Kunstvermittlung und durch begleitende Veranstaltungen.

Verschlagwortet bildet sich das Jahresthema Ich in folgender verbaler Matrix ab:
Selbst / Wert / Gefühl — Re / Aktion · Mein-Ich — Ich-Meine
Traum, die psychoanalytische Deutungsebene
Der eigene Raum – Der metaphysische Raum (Autonomie und Ich)
Nicht im luftleeren Raum, olfaktorische Sensibilität
Maske, Rolle, Performance · Die sozialen Rollen des Ich
Die Darm/Hirn-Verbindung — Das Geist/Seele Problem
Das performatische Ich — Das multiple Ich
Raum als Einheit — Der eigene Raum — Der Möglichkeitsraum
Ich als Medium — Ich als offene Form

Thematische Annäherungen durch die Mitglieder (Brainstorming):
In dem Maße, in dem ich meine Situation nicht bewerte, wächst der Raum für das andere ich. Man muss sich von sich befreien, sich emanzipieren. — Ich und nicht ich. Yo me amo. Bin ich — und wenn ja, wieviele? Nur im Spiel ist der Mensch sich selbst (Friedrich Schiller).
Ich — ein Kontinuum. Wie geht es Ihnen heute?
Lässt sich das Bewusstsein messen wie die Temperatur? Das Kunstwerk ist eine Abspaltung des Ich. Ich und Goliath. Ich sehe mich als Teil des Ganzen, als Prozess, im Wandel.
Der Tod des Subjekts: Die Maske, das davor und dahinter (Michel Foucault)

Die mannigfaltigen Positionen der Mitglieder und Gastkünstler — Performance, Installation, Bildware, Experimentelles, Selbstversuche etc. versprechen ein komplexes Ich (oder um auf der Metaebene zu sprechen: Über-Ich) zu werden…

*Verschriftlicht von Harald Etzemüller und Cornelia F.Ch. Heier
Download: »Kuratorisches Konzept ICH 2015« (PDF) – Deutsch / English